„Der Prinz hätte mir auch gefallen.“

Mit einem Märchenprojekt für Menschen mit Demenz, das von „Märchenland – Deutsches Zentrum für Märchenkultur“ entwickelt und den Krankenkassen gefördert wurde, setzen zwei MÜNCHENSTIFT-Häuser verstärkt auf die Kraft der Märchen. „Unsere Bewohner*innen erzählen, dass ihre Omas ihnen Märchen erzählt haben, alle kennen Märchen“, so Hedwig Gawlik, die zusammen mit Barbara Pröls für die Einführung und Etablierung der Märchenkompetenz in St. Martin verantwortlich ist.

Der Vortrag einer Schauspielerin als Märchenerzählerin zum Start im April zeigte, wie stark der gekonnte Einsatz von Sprache, Gestik und Mimik wirkt. „Das regelmäßige und lebendige Märchenritual brachte viele Kindheitserinnerungen hervor und animierte unsere Bewohner*innen, mehr aus sich herauszugehen und ins Gespräch zu kommen“, beobachtete Barbara Pröls.

Eine Schulung der beiden Mitarbeiterinnen und von sieben Betreuungsassistent*innen folgte, denn sie sollten das lebendige Erzählen erlernen und ihr neues Wissen an ihre Kolleg*innen in den Wohnbereichen weitergeben. Dadurch erhalten auch diese Anregungen, wie sie z. B. durch Stimmveränderungen oder Wiederholungen beim Vorlesen gezielt zum intuitiven Mitmachen anregen können.

Unterstützt werden sie durch Materialien, die die Wirkung der Märchen verstärkt. Dazu gehören Filme, die auch im Kinoformat gezeigt werden können, Malvorlagen, Memorys und Hörbücher. Aber auch Videos mit einer Märchenerzählerin, die auch die Mitarbeitenden unterstützt, denen das freie Erzählen nicht liegt oder die sich mit der deutschen Sprache schwertun.

„Wir machen tolle Erfahrungen. Die Bewohner*innen sprechen, singen und leben richtig mit. Sogar die böse Stiefmutter wurde schon einmal mit abstrafenden Worten in ihre Schranken gewiesen“, freut sich Barbara Pröls. „Die Grundgeschichte ist ja in allen Kulturen bekannt, sodass sie auch von unseren Bewohner*innen mit Migrationshintergrund verstanden werden.“ Und Kollegin Gawlik ergänzt: „Besonders an Regentagen ist das eine schöne zusätzliche Beschäftigung, und bald kommt ja der Herbst und Winter ...“

Text: MÜNCHENSTIFT Magazin, Heft Nr. 101 - September 2022
Fotos: MÜNCHENSTIFT