• Panorama

Die MÜNCHENSTIFT im großen Wandel

21. Dezember 2021

Die MÜNCHENSTIFT durchläuft mit dem „Zukunftsbild 2026“ seit fünf Jahren einen großen Organisationswandel mit dem Ziel, als Bayerns modernste Senioreneinrichtung für alle Münchner*innen da zu sein. Siegfried Benker (Geschäftsführer) und Anja Romaus (stellv. Geschäftsführerin) erzählen über die Ziele und Wege dahin.

Worum geht es beim „Zukunftsbild 2026“?

Benker: Sich zum modernsten Seniorendienstleister mit den glücklichsten Bewohner*innen und stolzesten Mitarbeitenden zu entwickeln. Am Anfang dachten wir, dies sei sehr hochgegriffen, aber inzwischen merken wir, dass wir uns dem immer mehr annähern. Es kommen zunehmend Mitarbeitende zu uns und sagen, dass sie stolz sind über das, was hier geschieht und sich freuen, hier zu arbeiten. Die letzten fünf Jahre zeigen, dass wir mit unserem Programm, das Anja Romaus als Organisationsentwicklerin verantwortet, auf dem Weg sind und es 2026 erreichen können.

Wie sind Sie das angegangen?

Romaus: Das Wesentliche war, dass Siegfried Benker als Geschäftsführer den Mut hatte, ein großes Organisationsentwicklungsprogramm für das ganze Unternehmen zu starten. Das begann mit der Entwicklung des Zukunftsbildes 2026, bei der alle Mitarbeitenden einbezogen wurden. Ein Führungsbefähigungsprogramm für die Mitarbeitenden trug dazu bei, selbstbewusster und stärker zu werden, um Verantwortung zu übernehmen. Es stand im Kontext eines Kultur- und Wertewandels. Wir arbeiten immer im Rahmen unserer Wertevorstellungen. Die neun Werte spiegeln sich im Pflege- und Betreuungskonzept wieder. Nach diesen Eckpfeilern pflegen und betreuen wir. Unsere Werte sind die Triebkraft für alles, was wir in den einzelnen Projekten umsetzen.

Benker: Anfangs ging es darum, Kräfte zu sammeln, Selbstbewusstsein und Mut für den großen Wandel aufzubauen. Hinzu kam, dass das Unternehmen bis vor fünf Jahren defizitär war. Wir mussten also auch die wirtschaftlichen Grundlagen schaffen. Das ist ein mehrjähriger Prozess, es funktioniert aber immer besser. Wir sind davon überzeugt, dass Mitarbeitende, die Verantwortung tragen, sehr viel besser und empathischer pflegen, weil es ihr eigener Verantwortungsbereich ist.

Das Führungsteam der MÜNCHENSTIFT mit Bürgermeisterin Verena Dietl (Aufsichtsratsvorsitzende, Foto unten, 6. v. l.), Siegfried Benker (Geschäftsführer, 7. v. l.) und Anja Romaus (stellv. Geschäftsführerin, 5. v. l.).

Wie ging es dann weiter?

Romaus: Wir haben angefangen, gemeinsam die Prozesse zu straffen, um mehr Zeit für die Pflege zu schaffen. Die Pflege soll weniger defizitorientiert sein, sondern mehr die Ressourcen der einzelnen Bewohner*innen in den Mittelpunkt stellen. Die Fachkräfte haben gelernt, mit den Prüfbehörden über die richtigen Maßnahmen zur guten Pflege und Betreuung zu diskutieren. Mit dem neuen Pflegeorganisationssystem Primary Nursing wird das Ganze noch institutionalisiert, indem wir die Verantwortung für den gesamten Pflegeprozess den Pflegefachkräften selbst in die Hände legen. Diese Verbesserungen werden durch digitale Innovationen optimiert. Das Besondere ist, dass jedes dieser innovativen Projekte das andere unterstützt und alle dadurch bei den Mitarbeitenden im Pflegealltag ankommen. 

Die Mitarbeitenden sind dabei die Grundlage…

Romaus: Primary Nursing und eine digitalisierte und vereinfachte Pflegedokumentation bringen in der Pflege eine 180-Grad-Wendung. Deshalb war es wichtig, dass wir Pflege und Betreuung mit mutigen und starken Mitarbeitenden realisieren. Ihre Hauptmotivation müssen jeden Tag glückliche Bewohner*innen und stolze Mitarbeitende sein.

Benker: Das Entscheidende ist, dass wir Vertrauen in unsere Mitarbeitenden haben, dass sie ihre Arbeit gut machen. Wenn wir einen Rahmen bieten, sind sie dazu auch bereit. Deshalb ist Vertrauen einer unserer obersten Werte. Wir haben ein Jammerverbot bei der MÜNCHENSTIFT, weil wir der Meinung sind, dass es nicht weiterhilft und es bei uns keinen Grund dazu gibt, weil wir sehr intensiv daran arbeiten, die Pflegesituation zu verbessern. Wir haben einen der besten Tarifverträge in Deutschland für unsere Mitarbeitenden ausgehandelt. Sie können Vertrauen haben und mit Freude bei uns arbeiten. Freude ist ein weiterer unser Werte.

Wo stehen Sie jetzt in dem Prozess?

Romaus: Wir haben in den letzten Jahren die Wirtschaftlichkeit und digitale Technik auf neue Füße gestellt, das Führungskräfteentwicklungsprogramm lief über die fünf Jahre. Jetzt zündet der letzte Funke, bei dem alles zusammenkommt. Das Zukunftsbild 2026 hat eine außerordentliche Triebkraft entwickelt. Entscheidend ist zunächst, warum wir tun, was wir tun. Daraus ergibt sich, wie wir es tun wollen und daraus, was wir tatsächlich tun. Die Mitarbeitenden merken, dass Verantwortung Freude am Gestalten und Mitmachen bringt. Und am Ende schenken es ihnen die Bewohner*innen durch ihr Strahlen doppelt zurück. Dadurch haben wir uns auf ein völlig anderes Level katapultiert. Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeitenden, dass sie dieses Wagnis eingegangen sind.

Benker: Wir haben gezeigt, dass eine gute Bezahlung in der Pflege möglich ist, dabei haben wir keine anderen Bedingungen als jeder andere Pflegeanbieter auch. Wir haben auch gezeigt, dass Digitalisierung mit allem, was dazu gehört, auch geht.

Romaus: Die Digitalisierung und Prozessoptimierung haben wir sehr schnell auf ein ganz hohes Niveau gebracht. Und das, ohne die Budgets zu überschreiten. Wir haben damit gezeigt, dass ein Wandel in der Pflege auch mit begrenzten Ressourcen geht.

Wie geht es in den nächsten fünf Jahren weiter?

Romaus: Der Wandel muss im ganzen Unternehmen verankert werden. Es ist wie beim Leistungssportler, der sein Level halten muss und dafür immer wieder trainieren muss. Wir sind auf einem guten Weg und merken, wie sich die Mitarbeitenden inzwischen darauf berufen oder es auch einfordern.

Benker: Wir sind für jeden dritten pflegebedürftigen Menschen in einem Pflegeheim in der Stadt zuständig. Die Stadt ist für die Daseinsfürsorge darauf angewiesen, dass es bei der MÜNCHENSTIFT gut läuft. Wir haben eine große Verantwortung und haben diese im Unternehmen durchdekliniert.

Was hat den Wandel außerdem befördert?

Benker: Die Prozesse der interkulturellen Öffnung und die Öffnung für LGBTI*. Indem wir als weltoffenes Unternehmen auftreten, hat sich unser Unternehmen wesentlich verändert. Außerdem sind wir nachhaltig. Es gehört auch zu einem modernen Unternehmen, dass es sich um Nachhaltigkeit kümmert. Das wird von Mitarbeitenden eingefordert und sie machen gerne mit. Es ist ein langer Weg zur Klimaneutralität. Unsere Neubauten werden auf einem sehr hohen energetischen Standard gebaut. Unsere Bewohner*innen sollen wissen, dass wir uns auch um die Generation ihrer Enkel*innen kümmern. Die zwei Neubauten in der Tauernstraße und der Franz-Nißl-Straße werden als Vorzeigemodelle mit sehr innovativen Pflegekonzepten und Technik arbeiten, die 40 Jahre halten sollen. Fernziel ist, dass wir ein weiteres Haus auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne errichten und dann ab 2026 anfangen zu bauen. Alles, was wir an Werten und Ideen entwickelt haben, können wir dort in Architektur gießen.

Text: MÜNCHENSTIFT Magazin, Heft Nr. 98 - Dezember 2021
Fotos: Barbara Donaubauer, MÜNCHENSTIFT