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Mut der Generationen

08. Juli 2021

Im Rahmen der Münchner Pride Week eröffnet die Stabsstelle Vielfalt der MÜNCHENSTIFT die Ausstellung Mut der Generationen. Lesbisches Selbstverständnis im Wandel der Zeit. Ab heute ist das Foto- und Textprojekt von Fotografin Bethel Fath und Ethnologin Gertraud Rieger in den Räumen der Hauptverwaltung sowie im Haus Heilig Geist zu sehen. 

In der Ausstellung öffnet sich ein üppiger Blumenstrauß verschiedener Meinungen, Haltungen und Lösungswege für ein erfülltes Leben. Mutige und großartige Frauen zeigen sich und strahlen Selbstbewusstsein und Zufriedenheit aus. Sie erzählen, welche Möglichkeiten sie nutzen, ihre eigenen Wege zu gehen und neue zu finden. Vielfalt und Buntheit sind kennzeichnend für die Lebensentwürfe der portraitierten lesbischen Frauen. Eine Pluralität, die bisherige verbreitete Vorstellungen über Lebensgestaltung erneuert und bereichert.

Es braucht viel Mut, so zu sein, wie man möchte

Barbara und Verena - Weg mit den Schubladen!

Noch vor etwa einem halben Jahrhundert hatte der Soziologe Erving Goffman Homosexualität „beschädigter sozialer Identität“ zugeordnet, die das „Individuum von der Gesellschaft und von sich selbst trennt“. Seither hat die LGBTI*-Community auf ihrem langen Weg zur Akzeptanz und Gleichstellung vieles erreicht.

Mitte letzten Jahres reifte bei den Mitarbeiter*innen der Stabsstelle Vielfalt die Idee heran, lesbische Frauen unterschiedlicher Generationen zu portraitieren. Eine Ausstellung über den Mut zur Sichtbarkeit und über das Selbstverständnis dieser Frauen sollte entstehen. Für die Umsetzung in Form eines Foto- und Textprojektes wurden die Fotografin Bethel Fath und die Ethnologin Gertraud Rieger beauftragt.

„In den sechziger Jahren begannen homosexuelle Frauen, mutig für größere gesellschaftliche Akzeptanz einzustehen. Insbesondere in den vergangenen 20 Jahren wurden sie sichtbarer, und nun scheinen Lesben in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Gemeinsam mit Bethel und Gertraud stellten wir uns folgende Fragen: Wie sehen lesbische Frauen heute die Welt? Wie schaut die Welt auf sie? Welche Lebensentwürfe sind denkbar? Wie wollen Lesben die Zukunft und ihr Leben im Alter gestalten?“ so Franziska Perek von der Stabsstelle Vielfalt.

Blind Dates unter Hygieneauflagen

Am Fotoprojekt nahmen zwanzig Frauen im Alter von 17 bis 87 Jahren teil. Gertraud Rieger und Bethel Fath luden jeweils zwei von ihnen zu einem etwa einstündigen moderierten Gespräch ein und suchten nach Antworten. „Bis auf ein Gesprächspaar hatten sich die teilnehmenden Frauen vorher noch nie gesehen. Wir veranstalteten sozusagen eine Art Blind Date. Dies führte zu höchst spannenden und aufschlussreichen Dialogen. Das Thema Sichtbarkeit beinhaltet nämlich nicht nur den Mut, sich offen in einer heteronormativen Gesellschaft zu zeigen, sondern auch den Aspekt der eigenen Erkenntnis und Weltsicht“, so Gertraud Rieger.

Für die Ausstellungsmacherinnen stellen die pandemiebedingten Einschränkungen eine Herausforderung dar: Nahezu alle Gespräche mussten aufgrund geltender Hygienebestimmungen von April bis Mitte Mai im Freien stattfinden. An Orten, die für eine oder beide Teilnehmerinnen besonders wichtig waren. Bei schlechtem Wetter wichen die Frauen auf Balkone aus. „Natürlich war unsere kleine Gruppe mit dem auffälligen Fotoequipment sichtbar und auch hörbar für Außenstehende, die uns immer wieder neugierig beäugten und belauschten“, sagt Fotografin Bethel Fath.

Corinna und Lena nannten unabhängig voneinander den Olympiapark als besonderen Ort. Jede von ihnen erinnert sich gerne an beeindruckende Konzerterlebnisse in der Olympiahalle.

Gertraud Rieger resümiert: „Die Teilnehmerinnen überwanden mutig ihre anfängliche Nervosität und fühlten sich in den Gesprächen bald zuhause. Bei unseren Gesprächen erlebten wir große Emotionen, Aha-Momente, Kontroversen, aber auch viel gemeinsames und natürlich befreiendes Lachen. Dass alle Frauen solche Einblicke in ihre Lebenswege gaben, zeugt von großem Vertrauen. Viele sagten uns danach, dass sie dieser Austausch bereichert und gestärkt habe.“

Die Ausstellung wurde gefördert durch die Münchner Regenbogenstiftung, sowie durch das Sozialreferat, das Kulturreferat und der Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München.

Text: MÜNCHENSTIFT Redaktion
Fotos: Bethel Fath